Frank Berger, Günther Helbig und Heinz-Peter Kamps (v.r.) in der Kieskonferenz. Foto: kau-
Ja – sie hat stattgefunden: die große Abgrabungskonferenz in Sachen Kies und Sand. Ja – damit wurde eine Kernforderung erfüllt, die der Weseler Kreistag in seiner maßgeblich von der CDU-Fraktion geformten Resolution bereits im Februar gestellt hatte. Und ja – das Treffen der gut 120 Teilnehmer im großen Sitzungssaal des Weseler Kreishauses war der Einstieg in den von vielen Seiten gewünschten Dialogprozess. Es sei allerdings traurig, dass man für den Weg dorthin die Landespolitik gebraucht habe sagte Josef Hovenjürgen (CDU) in seinen Begrüßungsworten.
Der Vorsitzende der Verbandsversammlung des Regionalverbandes Ruhr (RVR) spielte damit auf den Umstand an, dass der RVR diese Begegnung ursprünglich nicht vorgesehen hatte. Aber „wir machen das jetzt“ unterstrich Hovenjürgen vor den versammelten Planungsexperten, Behördenvertretern, Politikern, Unternehmern, Bürgern und auch Abgrabungsgegnern. Während das Gros der Kritiker die Konferenz boykottierte, nutzte der Vertreter einer Initiative die für alle Teilnehmer geöffnete Podiumsdiskussion bei der Konferenz als Chance, ihre Gründe für das nach ihrer Einschätzung unannehmbare Ausufern der Abgrabungen klipp und klar zu benennen.
Zunächst aber zeigten verschiedene Impulsreferate auf, wie die Landes- bzw. Regionalplanung die Bereiche auswählt, die sie für die Sand- und Kiesgewinnung vorschlägt. Nach festgelegten Kriterien, auf einem nachvollziehbaren Weg. Und nicht jede grundsätzlich geeignete Fläche werde zur möglicher Kiesgrube: Verkehrswege beispielsweise, auch Gewerbeflächen oder Wasserschutzgebiete gehörten zu den Tabu-Bereichen. Möglicherweise könne man vor Neuausweisungen manche alte Grube noch einmal nutzen, hieß es in der Diskussion: Die Fördertechnik früherer Tage sei nicht so effizient gewesen wie heute sondern habe oft beachtliche Kiesmengen nicht erreicht. Eine Vertreterin der Kiesfirma Holemann aus Rees warnte freilich vor allzu großen Hoffnungen: Der Großteil dieses Restkieses sei bereits gefördert.
Aber wie viel Kies wird überhaupt gebraucht? Da war sie, die Kernfrage in der Abbau-Diskussion. Ob sie vor Gericht geklärt werden muss, wird sich noch zeigen. Dr. Ansgar Müller, Landrat des Kreises Wesel, und Kritiker der Abbauplanung zeigte sich bereit zum Prozess – zugleich aber erfreut über Signale, dass sich die Landesregierung bewegen wolle. Müller: „Wir wollen eine Lösung im Gespräch und nicht in der Konfrontation finden“.
Dr. Alexandra Renz (NRW-Wirtschaftsministerium) warnte vor der Erwartung, der Kiesverbrauch könne extrem reduziert werden. Wahrscheinlich seien die Bedarfserwartungen, die in den Landesentwicklungsplan einflossen, eher konservativ gerechnet. Klartext: Es werde wohl eher mehr als weniger gebaggert. Neue Verkehrswege müssten gebaut, alte Strecken saniert werden. Das gehe nicht ohne Kies und Sand. Die Zuhörer nickten zustimmend: man braucht Ersatz für marode Brücken, Neubauten für dringend benötigte Wohnungen. Ob sich irgendwann, vielleicht in 20 Jahren, der Lebensstil tiefgreifend ändere und beispielsweise weniger Autos übers Land am Niederrhein rollen könne heute niemand sagen – sicher sei allerdings, dass heute die Infrastruktur verbessert werden müsse.
Wird also in Sachen Auskiesung alles so kommen, wie es im Entwurf des Gebietsentwicklungsplanes eingezeichnet ist? RVR-Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel wies auf die rund 5000 Einwendungen zu diesem Plan hin, davon etwa 2000 zum Thema Kies. Die würden nun gesichtet und gewichtet. Es sei gut möglich, dass es nach dieser Abwägung noch Änderungen bei den ausgewiesenen Flächen gibt.
Das wünschte sich beispielsweise Herbert Oymann (CDU, Ortsvorsteher im Alpener Ortsteil Bönninghardt) aus ganzem Herzen: „Nehmen Sie die Luft aus der Debatte raus – irgendwann haben wir sonst so etwas wie den Hambacher Forst am Niederrhein“. Auch Bernd Romanski, Bürgermeister aus Hamminkeln, mahnte zur Neuorientierung: Kies sei heutzutage einfach zu günstig, als dass wirklich nach Alternativen gesucht werde.
Für Roland Mitschke, CDU-Fraktionsvorsitzender im RVR, stand am Ende der sachlich und konstruktiv geführten Diskussionsrunde fest: „Wir sind heute am Anfang eines Prozesses der Meinungsbildung, den wir fortsetzen müssen“. Will sagen: Nach dieser ersten Abgrabungskonferenz ist vor der nächsten Abgrabungskonferenz. Die wird kommen, versicherte Karola Geiß-Netthöfel. Und im weiteren Prozess werde man auch über Flächen reden. Mit mehr Vertretern von Bürgerinitiativen? Dr. Alexandra Renz: „Wir können nicht mehr als einladen“.
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